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Thesen zum Umgang mit Kindern angesichts des Todes

Vor vielen Jahren habe ich mir Gedanken über den Tod im Bezug auf Kinder gemacht. Hier sind diese Thesen. Vielleicht ist die Literatur nich in allem aktuell, aber die Inhalte sind es weiterhin.

Thesen zum Umgang mit Kindern angesichts des Todes

1. Entscheidend und grundlegend ist der Umgang mit Tod und Trauer des Erwachsenen selber.

a) Wie denke ich selber über den Tod?

b) Welche Erfahrungen mit dem Tod habe ich gemacht?

c) Wie spreche ich über den Tod?

d) Wie reagiere ich, wenn ich mit dem Tod konfrontiert werde?

2. Wenn Kinder dem Tod begegnen ist die Intensität der Auseinandersetzung mit dem Tod und der Gefühle vom Erwachsenen nicht unterschieden.

a) Das Todeswissen ist abhängig von der Entwicklungsstufe des Kindes. Das Erleben des Todes eines nahen Menschen kann die Entwicklung verzögern, zurückdrehen aber auch beschleunigen.

b) Mit dem Tod eines Nahestehenden sind für ein Kind oft Schuldgefühle verbunden. Es führt den Tod auf das eigene Verhalten zurück. Schuldgefühle sind zwar nicht identisch mit Schuld, wiegen aber genau so schwer.

c) Der erfahrene Verlust durch den Tod eines nahen Menschen (oder auch geliebten Tieres) kann zu Verlustängsten führen, die ihren Ausdruck finden können in Schlafstörungen, Ängsten, Fixierung auf die Eltern aber auch Abwendung von den Eltern.

d) Kinder brauchen bei der „Trauerarbeit“ die Hilfe von Erwachsenen. Kinder sind genauso betroffen vom erfahrenen Leid wie Erwachsene. Die Annahme, daß Kinder schneller „vergessen“, ist falsch.

e) Die Trauer findet aus „erwachsener“ Sicht oft Ausdruck in „unpassenden“ Gefühlen des Kindes wie Wut oder Fröhlichkeit.

3. Die Hilfen für Erwachsene, die Kindern im Zusammenhang mit dem Tod begegnen, sind vielfältig.

a) Wie kann man angemessen mit Kindern über den Tod sprechen?

• Kinder orientieren sich an den erwachsenen Bezugspersonen, wenn es um das Gespräch über Tod und Trauer geht, besonders wenn es um das bei sich selbst erlebte Sterben und Trauern geht.

• Über den Tod sollte behutsam und sachgerecht gesprochen werden ohne dabei unser Nichtwissen zu verschweigen.

• Wenn Kinder über den Tod sprechen wollen oder Fragen stellen, sollte der beteiligte Erwachsene niemals ausweichen oder auf später vertrösten.

• Fragen des Kindes sollten offen und ehrlich beantwortet werden, jedoch ohne es zu überfordern.

• Grundsätzlich sollte nichts gesagt werden, was man später – wenn das Kind auf einer anderen Entwicklungsstufe steht – wieder zurücknehmen muss.

• Das Gespräch sollte niemals enden ohne die Nachfrage, ob die gegebenen Erklärungen ausreichen, und den Hinweis, daß dem Kind bei weiteren Fragen der Erwachsene wieder als Gesprächspartner zur Verfügung stehe.

b) Man ist als Erwachsener in der Regel nicht der einzige Gesprächspartner des Kindes. Es selber sucht sich Gesprächspartner. Aber auch der Erwachsene kann die Hilfe anderer suchen.

• Verwandte aber auch Erzieher/innen, Lehrer/innen, Seelsorger/innen können eine Hilfe im Gespräch sein.

• Wenn Eltern oder nahe Verwandte nicht in der Lage sind, ein Kind in seiner Trauer zu begleiten, wegen eigener Trauer und Depression, sollte nach Hilfe – ggf. fachlicher – durch eine außenstehende Person gesucht werden.

c) Es gibt ein breites Angebot an Literatur für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich mit Tod und Trauer auseinandersetzt. (Es kann sein, dass nicht mehr alles aktuell und lieferbar ist.)

für Erwachsene:

• T.Brocher, Wenn Kinder trauern, 1992.

• B.Deits, Wohin mit meiner Trauer. Menschliche Verluste als persönliche Herausforderung, 1992.

• E.A.Grollman, Mit Kindern über den Tod sprechen. Ein Ratgeber für Eltern, 1991.

für Kinder:

• M.& B.Alex(Text)/B.Alex & O.Wikkelsoe(Fotos), Großvater und ich und die traurige Geschichte mit dem kleinen Kätzchen, 1982.

• M.Kaldhol(Text)/W.Øyen(Illustrationen), Abschied von Rune, 1988.

• R.Schindler/H.Heydruck-Huth, Pele und das neue Leben. Eine Geschichte von Tod und Leben, 1981.

• W.Wolf/N.Duroussy, Indianerjunge Kleiner Mond, 1992.

d) Auf den Umgang mit Tod und Trauer kann vorbereitet werden in den Situationen, in denen nicht konkret der Tod eines nahen Menschen vor Augen steht.

• Für Gespräch und Literatur gilt das oben gesagte.

• Hilfreich für Kinder sind oft Märchen, die mit dem Geheimnis von Leben und Sterben vertraut machen.

• Im Gebet kann die Trauer vor Gott getragen werden.

• Hoffnung und Trost kann einem Kind der Blick auf das vollendete Leben geben.

• Bilder und Symbole können über das Unsagbare hinaus weiterschreiten.

4. Wichtige Einzelfragen:

• Kinder sollten behutsam und rechtzeitig auf den Tod eines nahen Familienmitgliedes vorbereitet werden.

• Bei hinreichender Begleitung durch einen Erwachsenen kann ein Kind einen sterbenden Verwandten im Krankenhaus besuchen, wenn es selber den Besuch wünscht.

• Kinder bedürfen der einfühlenden seelischen Hilfe und des Beistands ihrer nächsten Umgebung, wenn ein Elternteil tödlich erkrankt und stirbt.

• Beim Tod eines Elternteils braucht das Kind die besonders intensive Zuwendung des verbliebenen Elternteils. Hilfe bei der Trauerarbeit dieses Elternteils ist daher eine indirekte aber wesentliche Hilfe für das Kind.

• Kinder sollten, wenn sie dies wünschen, an der Beerdigung in der Begleitung eines Erwachsenen teilnehmen. Halt findet das Kind im Körperkontakt zu diesem Erwachsenen.

• Am schwersten ist die Hilfeleistung für Kinder, die ihre Eltern oder Geschwister völlig unvorbereitet durch Unfall oder Selbstmord verlieren.

• Geschwisterkinder sollten nach dem Tod der Eltern oder eines Elternteils nicht (sofort) getrennt werden.

• Einem todkranken Kind sollte man nicht erst im letzten Augenblick die Wahrheit mitteilen.

• Die Auflehnung eines todkranken Kindes gegen den eigenen Tod sollte zugelassen werden.